«Ich hätte viele Startups gerne mitgegründet»

September 25, 2021
By
Alyssia Kugler

Der Swisspreneur Podcast interviewt Schweizer Unternehmer-Persönlichkeiten. Ein Gesprächist spannender als das andere.Welche Aussage ist dir besondersim Gedächtnis geblieben?

Da kommen mir gleich ganz viele inden Sinn! Besonders stark fand ich die Erkenntnis von Jeremias Meier, Gründer von bexio: Wenn du einenPlan B hast, ist ziemlich sicher, dassdu Plan A in den Sand setzt. Du solltest keinen Plan B haben müssen.

Oder Ross Mason, der aus unternehmerischer Sicht eigentlich alleserreicht hat, was man erreichenkann, sagte, dass es im Leben um Balance geht, und wenn er das gewusst hätte, hätte er ein paar Dingeanders gemacht. Denn es gebeneben dem unternehmerischen Erfolg noch andere Dinge, die wichtig sind, um zufrieden zu sein. Ross Mason hat das Software-Unternehmen Mulesoft gegründet und 2018 nach erfolgreichem Börsengangan Salesforce verkauft.

Und Doris Albisser, Schweizer Unternehmerin und Gründerin von Evaluglobe, mit einem ganz wichtigen Hinweis: Fokussiere dich auf die Zufriedenheit deiner Kunden. Wenn dies der Fall ist, dann kaufen sie automatisch wieder.

Gibt es ein Mindset oder eine Rahmenbedingung, die viele Swisspreneurs gemeinsam haben, und die für deren Erfolg verantwortlich war?

Die meisten wollen ein eigenes Problem lösen und etwas aufbauen, das sie selbst nutzen können. Sie machen eigentlich ein Business aus ihrer eigenen Problemlösung. Das stärkt die Motivation und hilft, in schwierigen Zeiten durchzuhalten. Das habe ich selbst gemerkt, als ich mit Gymhopper ein Business aufgebaut hatte. Wenn das eigene Problem eine Mission für sich schafft, gibt man nicht so schnell wieder auf.

Was mir auch aufgefallen ist: Alle, die ich für den Podcast interviewt hatte, waren sehr bodenständig und hatten nicht das Bedürfnis, ihre Erfolge an die grosse Glocke zu hängen. Ausserdem scheint es wichtig, dass man schon früh mit Unternehmertum in Kontakt kommt.

Sei es über die Eltern oder das erweiterte Umfeld. Das legt oft den Grundstein für einen erfolgreichen unternehmerischen Weg.

Kannst du aus dem Swisspreneur Podcast episoden-übergreifende Tipps weitergeben?
Gerne. Erstens: Löse ein eigenes Problem und suche nicht nach weit entfernten Geschäftsideen. Wenn bei dir irgendwo der Schuh drückt, löse das Problem für dich und gleichzeitig für alle anderen, bei denen der gleiche Schuh drückt. Suche nicht mit Marktanalysen nach Business-Ideen.

Zweitens: Denke gross. Wir können mehr erreichen, als wir uns selber zutrauen. Ziel sollte nicht nur sein, die Nummer 1 in der Schweiz zu sein, sondern auch in Europa oder sogar weltweit. Wir haben in der Schweiz die Technologie und die guten Leute dazu. Lass uns das nutzen.

Drittens: Wenn du ein eigenes Unternehmen aufbaust, setze dich früh mit Unternehmenswerten und-kultur auseinander. Das ist entscheidend, um gute Talente anzuziehen, und ausserdem sind Werte und Kultur sehr schwierig nachträglich anzupassen.

Was hat sich in der Schweizer Startup-Szene verändert?

Startups sammeln mehr Geld, vorallem für Early Stage ist mehr Geld verfügbar. Das ist eine sehr gute Entwicklung, solange der Output auch entsprechend mitwächst. Im Verhältnis hat die Schweiz beispielsweise mehr Early-Stage-Funding als Österreich, aber haben Schweizer Startups auch mehr Impact als die Österreichischen?

Eine weitere Entwicklung ist, dass aus erfolgreichen Startups weitere Startups entstehen. Das ist wichtig und stärkt das Startup-Ökosystem. Unsere «Swiss Startup MafiaMap» zeigt auf, welche Startups zum Beispiel aus dem Erfolg von «DeinDeal» entstanden sind: Zwölf weitere Startups waren es. Und aus «Doodle» sind auch weitere sieben Startups entstanden. Die Liste ist nicht abschliessend, aber zeigt die Gesundheit des Schweizer Ökosystems auf und ist ein wichtiger Indikator.

Was ist in der Startup-Szenebesser geworden, was ist immernoch problematisch?
Besser ist auf jeden Fall das Fundraising, wo wie gesagt, insbesondere für Early Stage, mehr Risikokapital verfügbar ist. Auch die Steuersituation ist besser geworden – wenn auch kantonal unterschiedlich gut geregelt. In einigen Kantonen, darunter Zürich, wird man nicht mehr auf Basis der Finanzierungsrunde besteuert, was ja nicht flüssiges Geld ist. Hingegen werden Start-ups auf Basis des Ausgangswerts beziehungsweise eines früheren Werts besteuert.

Schlecht ist die Ineffizienz des Fundraisings. Im Schnitt müssen Startups 200 Arbeitstage für eine Finanzierungsrunde investieren. Da geht so viel Zeit und Energie verloren. Auch ein riesiger Pain-Point ist das Anstellen von Personen aus Drittländern, also ausserhalb der EU. Vor allem bei IT-Startups, die häufig auf Software-Entwickler aus dem Ausland angewiesen sind, sind die Hürden enorm.

Was würdest du auf der politischen Ebene verändern, damit die Startup-Szene der Schweiz noch besser gedeiht?
Ich würde die Anstellung von Personen aus Drittländern vereinfachen. Da gibt es glücklicherweise schon Bestrebungen in Richtung Startup-Visa. Ausserdem würde ich vorschlagen, dass Pensionskassen einen kleinen Teil in Startups investieren müssen. Damit könnten Schweizer Startups auch grössere Wachstumsfinanzierungen in der Schweiz stemmen, ohne direkt ins Ausland ausweichen zu müssen.

Welches Startup hättest du gernemitgegründet und wieso?
Die meisten Startups hätte ich gerne mitgegründet (lacht). Ich denke da an Wildfire, eine Social-Marketing-Software von Alain Chuard, 2012 an Google verkauft. Mulesoft, eine Datenintegrationsplattorm von Ross Mason, 2018 an Salesforce verkauft. Und Hybris, eine Software für Customer-Data-Management und Marketing von Ariel Lüdi, 2013 an SAP verkauft.

Diese drei Startups habe ich nicht wegen den hohen Exits ausgewählt, sondern vor allem wegen den Personen dahinter. Als Mitgründer hätte ich eine steile Lernkurve machen können, das wäre sehr cool gewesen. Ein spannendes Schweizer Startup, das noch nicht verkauft wurde, finde ich Nikin, welches faire und nachhaltige Mode produziert. Sie sind sehr bodenständig und haben sich von Anfang an selbst finanziert. Ich habe grössten Respekt für die Gründer, die mit Nikin etwas aufgebaut haben, das pro Jahr mehrere Millionen Umsatz macht – und dies, obwohl sie nie Risikokapital aufgenommen haben.

Welches Winterthurer Startupmöchtest du gerne mal inter-viewen?
Alle, die gute Geschichten haben. Mit turicode haben wir schon gesprochen, bestsmile wäre für ein nächstes Gespräch spannend.

Das Interview hat Alyssia Kugler im Rahmen der Startupnight Winterthur und für Startupdate.ch geführt.

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